Es gibt sowohl im privaten als auch im beruflichen Leben Themen, mit denen man viele Bücher füllen könnte und doch wird man diesem Thema damit nie gerecht werden. Der „Abschied“, ganz allgemein von jemandem oder etwas, gehört dazu. Jetzt fragen Sie sich vielleicht, was das mit Transformationen oder Change zu tun hat?
Die Antwort lautet: Alles. Abschied ist nicht selten ein unglaublich schwerer, zum Teil wehmütiger (Reinigungs-) Prozess, ohne den nichts Neues entstehen kann. Die Krux liegt darin, dass es unglaublich schwer sein kann, das „Alte“ gehen zu lassen oder sogar gefühlte „alte Fesseln“ zu durchschlagen, damit man selbst oder gar eine gesamte Unternehmung in einen neuen, heilenden oder erfolgreichen Weg hineingehen kann. Je länger man mit einem Verhalten oder einem Status quo gelebt hat, selbst wenn dieser als immer belastender empfunden wird, umso mehr braucht es eine verabschiedende Reinigungskraft!
Leider wird dies in fast 100% der Fälle, die wir in Organisationen erleben, nicht im Change-Prozess berücksichtigt. Es wird aus unbekannten Gründen unterstellt, dass das Neue das wirklich einzig wahrhaft Sinnvolle in dem neuen Leben der Führungskräfte und Mitarbeitenden sein muss. Es wird losgelegt, marschiert, manchmal mit einem enormen „Zeitdrucktempo“, sodass einem schon schwindelig werden könnte. Und es ist nicht nur Zeitgeist geworden, dass ein Transformationsprogramm das nächste jagt. Einher geht dies mit Wechseln des Vorstands oder der Geschäftsführenden, welche neue Rekorde in den Halbwertzeiten hervorbringen. Es lebe die Dynamik, das Machen, das Tun, und dies immer weiter und besser!
Dabei beinhaltet jede Veränderung auch so etwas wie eine kleine „Trauerreaktion“. Es gibt dafür in der Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme (ICD, englisch: International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems) einen eigenen Code (das ICD ist das wichtigste weltweit anerkannte Klassifikationssystem für medizinische Diagnosen).
Es wäre wünschenswert, etwas Ähnliches im positiven Erfolgssinne auch im Change- und Transformationsprozess zu haben. Dann gäbe es sicherlich einen Code, in dem nur etwas Neues gestartet wird, wenn ein Abschied vom alten Prozess, der Organisationsform und ähnlichem enthalten ist.
Sie stellen im Übrigen einfach fest, ob Ihr Team/ Unternehmen etc. genug Zeit zur Trauer hatte oder nicht, in dem Sie in den Organisationen und Unternehmen auf die Sprache achten. Sie hören dann häufig Sätze wie: „…wir hatten uns gerade neu gefunden, jetzt kommt die nächste Veränderung…“; „…es ist zum Heulen, das kann doch nicht (neu) so funktionieren…“ oder „…so schlecht war es bisher doch nicht, ich verstehe nicht, was das schon wieder soll…“.
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