…ist in der Tat keine anerkannte Managementmethodik, es findet jedoch jeden Tag im Organisationsleben und in Transformationsprojekten statt.

 

Allgemein bekannt ist inzwischen, dass Blockaden und Widerstände wichtige Wandelthemen verhindern. „Das perfekte Zögern“ ist eine filigrane Unterform der Blockaden und Widerstände. Und damit sind wir bei dem springenden Punkt. In der täglichen Praxis finden bewusste Gespräche und ein Austausch darüber nicht statt. Konflikte, Blockaden und Widerstände werden kaum bis gar nicht angesprochen. Oder werden durch den berüchtigten Satz „…lasst uns bitte sachlich bleiben…“ totgeschwiegen.

 

Diese Verzögerungs- und Verhinderungstaktiken folgen in der Regel der komplexen inneren Humanstruktur des Menschen: Und sind daher nicht einfach sichtbar und selten Eindimensional! Es ist inzwischen wissenschaftlich nachgewiesen, dass die Emotionen einen deutlich höheren Einfluss auf unser Verhalten haben als der Verstand¹. Dieser Umstand ist manchmal in Besprechungsräumen zu spüren. Wenn die verschiedenen Protagonisten und Interessenvertreter an einem Tisch sitzen und die offiziellen Gespräche laufen. Dort werden die eigentlichen Emotionen, Interessen und Absichten häufig getarnt, und bei aller scheinbaren Freundlichkeit ist die angespannte Lage im Raum fühlbar.

Es ist nicht selten unsere Aufgabe, dass unsichere Terrain vorab durch inoffizielle Vieraugengespräche oder in „Untergruppen“ zu sondieren. Und man kann dann immer wieder beobachten, wie sich die Energien zwischen persönlichen und inoffiziellen Gesprächen bis hin zu den offiziellen Runden verändern. Das Ausloten der jeweiligen Interessen, der persönlichen und emotionalen Befindlichkeiten ist eine wichtige und grundlegende Aufgabe im Veränderungsgeschäft.

Durch den Einzug der Akzeptanz von persönlichen Coachings und Trainings ist inzwischen auch die Bereitschaft größer geworden, Emotionen und Verhaltensmuster mit in die Transformationsthemen einzubeziehen. Es gibt jedoch drei Haken bei der ganzen Angelegenheit:

 

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Die individuelle Veränderungsbereitschaft auf der persönlichen Ebene ist tendenziell höher als in den Gruppen. Und die individuelle Veränderungsbereitschaft auf den unteren Hierarchieebenen ist höher als in den oberen Etagen.

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Blockaden und Widerstände entstehen aus dem Gewinn einer Person oder einer Gruppe von Personen. Konflikte aus inneren oder äußeren Ambivalenzen.

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Ein Hemmschuh kann auch ein enormes Absicherungsbedürfnis sein, woraus dieses am Ende des Tages auch entstanden sein mag. Ein Mitarbeiter hat es einmal so formuliert: „Das mache ich auf keinen Fall ohne Abstimmung mit meinem Chef. In einer ähnlichen Situation habe ich massiven Ärger bekommen…das war Horror.“ Mit einem solchen erlebten Trauma ist natürlich ein vertrauensvolles Vorankommen mehr als schwierig.

Daher haben Blockaden und Widerstände eine zentrale Rolle im Veränderungsgeschäft.

 

Es kommt somit darauf an, sich mit den richtigen Blockaden und Widerständen zu beschäftigen, und umgekehrt den „unwichtigen“ nicht zu viel Aufmerksamkeit und Energie zu schenken. Eine entscheidende Größe ist es zunächst den Gewinn zu analysieren, den die Person oder die Gruppe aus der Blockade- oder Widerstands-situation hat. Dies ist nicht einfach. Weil, wie am Beispiel „des perfekten Zögerns“ bereits beschrieben, die Karten bestenfalls schließlich nur verdeckt auf den Tischen liegen.

 

Eine Hilfestellung ist es sich klar zu machen, dass Blockaden und Widerstände immer eine Funktion haben. Diese können immer in eine der nachfolgenden Kategorien eingeordnet werden:

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Schutzfunktion

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Aggressive Funktion

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Schuldfunktion

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Sonstige Funktion

Foto:

©Richard Carey

¹ Roth, Gerhard; Ryba, Alicia: Coaching, Beratung und Gehirn. Neurobiologische Grundlagen wirksamer Veränderungskonzepte. Stuttgart: Klett-Kotta. 2. Aufl. 2016. S. 132.