Der Artikel „Vattenfall splits wind business“¹ zeigt auf, dass die nächste „Dezentralisierungs-“ oder „Lean Management-Welle“ in verschiedenen Organisationen angekommen ist. Mit E.ON, RWE oder Metro sind andere namhafte Vertreter mit an Bord. Allen gemeinsam ist, dass sie aus einer langen und stark zentral dominierten Phase kommen oder in dem besonderen Fall der Windenergie aus einer stürmischen Aufbauphase. Während es sich bei E.ON, RWE oder Metro um große Flaggschiffe handelt, die den Konzern dominiert haben, sind es in den Windindustrien vor allem einzelne Führungspersönlichkeiten, die den Aufbau maßgeblich vorangetrieben haben. Ob nun durch zentrale Holding-Strukturen oder einzelne Führungspersönlichkeiten: Die Kehrtwende von einem großen Flaggschiff mit Flottenverband zu einem schnellen
„Jollen-Verband“ ist eine massive Änderung in der Denkweise, ein unglaublicher Kraftakt und am Ende des Tages eine große Reorganisation oder anders ausgedrückt: eine Kehrtwende. Es ist immer wieder erstaunlich, dass diese Trends von „Zentral zu Dezentral“ und „Dezentral zu Zentral“ Schritt für Schritt schließlich andere Organisationen in unterschiedlichen Branchen erfassen.

Daraus ergibt sich für uns immer die erste Frage: Ist unsere Reorganisation eine Antwort auf ein Symptom oder eine Ursache? Darin verbirgt sich ein entscheidender Unterschied. Egal ob unrentable Geschäftsfelder, massiver und ungeordneter Wachstum, signifikante „Unternehmens-Life-Events“, neue Gesetzgebungen oder andere neue Rahmenbedingungen: Wenn lediglich die bisherigen Problemsymptome dezentralisiert werden, ist die Erbschaft, um im oben aufgeführten Bild zu bleiben, eine belastende Beigabe im Jollenverband.

Hinzu kommt, dass es Führungskräfte und Mitarbeiter gewohnt sind im Flottenverband mit dem Flaggschiff zu segeln. Neue Fragen tauchen auf. Wie ist eigentlich die Rolle des Flaggschiffs im Jollenverband? Was ist mit den Führungsoffizieren? Manchmal werden auch neue Führungskräfte von außen eingekauft, die neue Impulse geben sollen.

Kürzlich erwähnte ein Manager, dass diese neue Führungskraft „…viele neue Impulse reinträgt und wie ein Wirbelsturm für die Organisation ist“.
Unser erster Gedanke war: „Ein Wirbelsturm ist schon für einen Flottenverband eine Herausforderung, für einen Jollenverband eine Katastrophe!“

Daher ist es auch bei der Antwort „Dezentral“ von enormer Bedeutung, sich im ersten Schritt den Ursachen zu widmen, bevor diese elementare Maßnahme ausschließlich zu einer Verschlimmbesserung führt. Jede Reorganisation birgt Chancen und Risiken gleichermaßen. Für die Führungskräfte und
Mitarbeiter bedeutet der Wechsel im System eine deutliche Veränderung im Verhalten und es ist im Einzelfall auch eine enorme emotionale Belastung.

Der Ruf nach Hilfe wird meist dann laut, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist. Ein Schlüssel in diesen Reorganisationen ist es, frühzeitig
Führungskräfte und Mitarbeiter auf ihrem neuen Weg zu unterstützen.
Dabei sind die nachstehenden 3 Punkte ein erstes Hilfsmittel für ein Review ihrer Reorganisation:

 

\

Reorganisations-Müdigkeit

Stellen Sie sich vor Sie begeben sich auf eine Reise durch die Organisationen in Deutschland. Gehen Sie in Gedanken
durch die Flure und Räume (in Ihrer Organisation können Sie das tatsächlich machen) und blicken Sie in die Energien und Kraftfelder dieser inneren Räume. Was sehen Sie? Was fühlen Sie? Was wird Ihnen erzählt? Wie fühlen Sie sich als Mitarbeiter in Ihrem Bereich oder dieser Organisation? Können
Sie mit einer müden Mannschaft den Wettbewerb gewinnen? Beschäftigen Sie sich bevor Sie starten, während Sie Fahrt aufnehmen und bis zum Ende der Fahrt jeden Tag mit Ihrer Mannschaft. Ohne
diese werden Sie keinen Erfolg haben!

\

Das „Finger-Schnipp-Syndrom“

Der Wunsch nach schneller Heilung (Besserung) unserer Symptome
oder Probleme ist legitim. Häufig entspricht
die Erwartung jedoch nicht der Realität. Alles muss schnell gehen. Der Wunsch nach einfachen Rezepten ist daher ausgeprägt. Die Erfahrung zeigt, dass oberflächliche Lösungen auch oberflächliche Resultate bringen. Wenn in den tieferen Schichten
die Urenergie des Problems noch wirkt, dann
wird diese auch in der neuen Organisationsform an die Oberfläche treten. Qualität setzt sich dagegen auch hier langfristig durch. Arbeiten Sie an den Ursachen, nicht an den Symptomen.

\

Die Komplexität des Menschen

Der Mensch mit seinem neuronalen Netzwerk und seinen emotionalen
Befindlichkeiten und Verhaltensmustern prägt die Organisation. Oder anders ausgedrückt: Es wurde wissenschaftlich nachgewiesen, dass die kognitiv-sprachliche Ebene allein nicht in der Lage ist, Menschen nachhaltig zu beeinflussen. Dagegen sind Emotionen, insbesondere in Form von Stress, Furcht und Schmerz, ein wesentlicher Einflussfaktor im Denken und Handeln.²

¹ siehe http://www.windpowermonthly.com/article/1438433/vattenfall-
splits-wind-business).

² Roth, Gerhard; Ryba, Alicia: Coaching, Beratung und Gehirn.
Neuro- biologische Grundlagen wirksamer Veränderungskonzepte.
Stuttgart: Klett-Kotta. 2. Aufl. 2016. S. 132.