Es ist immer wieder verblüffend: Vielleicht ist Ihnen die Situation bekannt, in der Sie denken, es müsste doch eindeutig sein, was in Ihrer Organisation an notwendiger Veränderung vollbracht werden müsste… und doch sehen Sie keinen Aufbruch? Hingegen beobachtenSie in Meetings, Workshops und ähnlichen Veranstaltungen, wie sich manch eine/r zwar über den aktuellen Zustand beschwert, jedoch unverändert im alten Trott weitermacht? 

Manchmal ist es nicht eindeutig, ob es einer Veränderung bedarf oder nicht, weshalb wir an einem kurzen, sehr prägnanten Beispiel das „Grunddilemma“ im Veränderungsprozess verdeutlichen möchten. Das Wichtige dabei: Veränderung ist kein sachliches Ereignis oder Prozess. Auch wenn manchmal in der Praxis über Veränderung gesprochen wird, als sei es eine Art eigenständiger Prozess, der zusätzlich zu den fachlichen Herausforderungen gemacht werden müsste. Tatsächlich ist Veränderung aber eine menschliche Kernherausforderung. Wir machen die Veränderung aus.  

Daher ist es sinnvoll, einen kleinen Ausflug in ein menschliches Kernthema zu unternehmen, um zu verstehen, wie tief das „Festhalten am Alten“ in uns stecken kann. Als Beispiel dient ein typischer „Burnout“, anhand dessen man wichtige Erkenntnisse und Rückschlüsse ziehen kann. Kennen Sie Menschen in Ihrem Umfeld, die in einem Hamsterrad stecken, immer mehr arbeiten, immer wieder neue Ziele haben und sich selbst im Erschöpfungsstadium weiter durch das eigene Leben schleppen?Eigentlich, so denkt man, müsste dieser Mensch doch selbst erkennen können, was an Veränderung gut wäre. Er hält jedoch an den alten Mustern festselbst wenn es im wahrsten Sinne des Wortes schmerzlich wird – beispielsweise in Form von psychosomatischen Beschwerden wie z.B. Rückenschmerzen. Häufig wird an alten Verhaltensmustern festgehalten bis der Arzt kommt und somit kommt erst durch massiven Schmerz und damit Leidensdruck ein Überdenken, eine erste Einsicht. 

 

Doch was hat dieses unschöne Beispiel mit Veränderungen in den Organisationen zu tun? Warum halten wir grundsätzlich erst einmal am Alten fest und lassen ungerne los? 

Am Beispiel des Burnout-Falls: Unser Organismus hat sich meist über viele Jahre an diesen Zustand gewöhnt und sich auf diese Belastung optimal eingestelltDies führt dazu, dass dieser „Optimale Zustand“ (OpZ)unbewusst verteidigt wird. Ein Burnout entwickelt sich über viele Jahre, durchläuft dabei verschiedene Phasen und mündet manchmal auch in einer Neuorientierung. Es besteht dann ein chronischer Stresszustand 

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OpZ-Problem Nr.1

Unser Organismus nimmt dies als Normalpegel wahrUnd das spiegelt sich auch in Organisationen wider. Denn bitte bedenken Sie noch einmal: Wir Menschen machen die Organisation aus und was in uns abläuft oder auch nicht, das zeigt sich ebenso in der Organisation. 

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OpZ-Problem Nr.2

Wird derOpZder Menschen oder Organisation verändert, dann löst dies Unsicherheit und Widerstand aus. Das System in uns will das Alte behalten und sucht nun nach Auswegen. Aus Unsicherheit, Widerstand sowie Sorge oder gar Angst entstehen dann Abwehrmechanismen, die den OpZ verteidigen sollen. Abhängig von der inneren Struktur der Menschen, können in Organisationen folgende Verhaltensbeispiele erkannt werden:  

 

  • In Meetings liegt der Fokus auf den Details und Kleinigkeiten, über die dann noch lange und ausführlich geredet wird. Hervorragende Zeitkiller, die Veränderungsansätze bereits im Keim ersticken oder zumindest signifikant verschleppen können. 
  • „Gleich und Gleich“ gesellt sich gern. So entstehen manchmal ganze Abteilungen oder Bereiche, in denen sich über die Jahre ganze Gruppen von Gleichgesinnten bilden. Es ist eine Art „sicherer Raum“, in dem in extremen Fällen dann schließlich mit Sicherheit nichts mehr Neues geht. Oder zumindest nur so viel, wie es die Gruppe dann zu lässt. 

Es gibt natürlich noch einige andere Beispieledie alle das gleiche Ziel haben: Das Alte zu bewahren! Es ist deshalb zunächst wichtig, dass wir verstehen, dass Menschen immer den OpZanstreben. Haben wir diesen erst etabliert, dann wird er verteidigt. Das Spannende daran ist: Selbst, wenn Sie die Veränderung wollen, wünschen oder anstreben, gibt es fast immer zumindest einen zu überwindenden inneren Widerstand oder „Schweinehund“Ebenso wie im Sportbereich müssen Sie erst einen bisherigen OpZablegen, wenn Sie sich weiterentwickeln wollendenn Ihr Körper ist auf ein bestimmtes Bewegungs-(Verhaltens)-Muster trainiertBis eine neue, fortschrittliche Bewegung sitzt, brauchen Sie häufig mehrere Trainingsstunden. Das betrifft nicht nur Spitzenmannschaften, sondern auch Organisationen.In der Umgangssprache heißt OpZübrigens „Komfortzone“.  

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