„Lasst uns sachlich bleiben und vorankommen“ heißt eine häufige Beschwörungsformel im Organisationsalltag sowie in Projekten und Programmen. Das klingt für uns als Change Manager schon fast wie ein Paradoxon. „ManagerInnen sind in Bezug auf emotionale Defizite – in ihrem geschäftlichen Umfeld und bei sich selbst – oft sprachlos. Ein Grund für diese Sprachlosigkeit ist die Angst. Wer über Gefühle redet, zeigt Schwäche.“¹

Es gibt Situationen, in denen die Forderung nach dem Fokus auf das sachliche Vorankommen sinnvoll ist und „leeres“ Geschwätz damit erfolgreich beendet wird. Es gibt jedoch auch viele Situationen, in denen diese Forderung am Ende nur eins bewirken soll: Ein schnelles Entfernen von Gesprächen über das eigentliche Thema und das Werfen des Rettungsankers hin zur kontrollierbaren Sachlichkeit. Dabei spielt sich alles im Kopf ab. „Das unbewusste Entstehen von Emotionen im engeren Sinne ist vornehmlich Sache der Amygdala (Mandelkern) und des mesolimischen Systems […]. Sie nimmt bei Tieren und beim Menschen eine zentrale Rolle beim Entstehen von überwiegend negativen oder stark bewegenden Emotionen und beim emotionalen Lernen ein, weshalb sie als Zentrum der furcht- und angstgeleiteten Verhaltensbewertung angesehen wird.“²

Der Kopf macht, um es ganz einfach zu formulieren, „zu“, wenn Sachlichkeit verlangt wird. Große Treiber sind dabei die eigenen Motive und auch die Angst vor Kontrollverlust. Diese Prozesse spielen sich überwiegend unbewusst im Gehirn des Menschen ab. „Das limbische System hat aus diesem Grund bei dem ganzen Ablauf das erste und das letzte Wort: Das erste Wort beim Entstehen der Wünsche und Pläne, und das letzte bei der Entscheidung darüber, ob das, was an Handlungsabsichten gereift ist, tatsächlich jetzt und so und nicht anders getan werden soll. Natürlich redet das limbische System auch zwischendurch mit, aber hier kommt bestenfalls der rationale Verstand zu Wort…und dann erst wieder bei der Bewertung der Konsequenzen des Handels mitspricht.“

Ganz vereinfacht ausgedrückt ist unsere „Ratio“ maximal ein intelligenter Berater und sicherlich eine gute Einrichtung der Evolution, damit wir uns nicht gleich und ungefiltert an die „Köpfe“ kriegen.

Entscheidend für unseren Organisationsalltag ist, dass wir Menschen noch immer Urkräfte in uns haben und die sogenannte „Sachlichkeit“ maximal der „intelligente Berater“ ist. Eine der Herausforderungen in den Change- und Transformationsprozessen ist es, die Emotionen, also die Sorgen, Befürchtungen, Ängste sowie Wünsche, und auch die wahren Motive in einen geführten und tragfähigen Dialog zu bekommen. Ist nämlich der „Intelligente Berater“ so stark im Kopf verankert und mit Angst vor Kontrollverlust besetzt, dass die Gefühle zu dominant oder gänzlich (weg)gefiltert werden, wird es sehr schwer voranzukommen. Auch in den inhaltlichen und sachlichen Diskussionen. Change und Transformation, ob nun die eigene Veränderung oder die in Unternehmen und Organisationen, erfordern Mut – Mut zu Gefühlen, Mut zur Lücke, Mut um Neues anzugehen. Und der „intelligente Berater“ in uns ist nicht der Mutige, sondern im besten Fall eine gesunde Bewertungshilfeinstanz. Das Wissen darüber hilft, Emotionen als etwas sehr Wertvolles in die täglichen Meetings und Workshops zu integrieren. Denn die guten Geschäfte werden am Ende immer noch mit unserem Instinkt gemacht.

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©laufer

Fußnoten:

¹ Doppler, Voigt. Feel the change. Wie erfolgreiche Change Manager Emotionen steuern. Frankfurt/ New York: Campus Verlag, 2012.

² Roth, Ryba. Coaching, Beratung und Gehirn. Neurobiologische Grundlagen wirksamer Veränderungskonzepte. Stuttgart: Klett-Cotta, 2016.