“Und täglich grüßt das Murmeltier”, denke ich gerade, als nach fast 1,5 Jahren Ruhe vor dem Thema in einem Unternehmen wieder die gleiche Diskussion losgeht. Insofern stimmt das mit dem “täglich” natürlich nicht ganz. Ein Déjà-Vu ist es trotzdem.

Bei dem Thema handelt es sich um eine wiederkehrende konflikt- und emotionsgeladene Diskussion darüber, wer wen wann duzt oder siezt. Sollten alle gesiezt werden, bis das Du angeboten wird oder sollte das “modernere” Du einfach überall genutzt werden? Meinungen dazu gibt es viele und innerhalb und zwischen Abteilungen verhärten sich sogar kurze Zeit die Fronten.

Nun könnte man meinen, dass dies ein ganz normaler Generationskonflikt sei, der kaum lösbar ist (weil es natürlich kein Richtig oder Falsch gibt). Was mich als Change Managerin & Business Coach, die von außen darauf schaut, allerdings im ersten Moment wundert, ist, dass die Menschen in einem Unternehmen wieder mit dieser Frage anfangen, wenn es sich gerade um einen Moment der Veränderung handelt. Wie beim letzten Mal steht wieder eine vermutlich einschneidende Transformation an. Noch ist unklar, wie alles genau aussehen soll und die wenigsten sind in die Planung direkt involviert. Da frage ich mich: Gibt es nicht viel wichtigere Themen, die besprochen werden müssten?

Da dies aber ein wiederkehrendes Muster in unsicheren Zeiten zu sein scheint, stellt sich die Frage, warum die Menschen so ein Thema gerade jetzt interessiert und sie die Energie haben, hitzige Debatten darüber zu führen, jedoch nicht so heiß und leidenschaftlich über die Inhalte einer anstehenden Transformation?

Schnell könnte man eine “Stellvertreterdiskussion” vermuten. Diese Art von Reaktion sieht man nicht selten, wenn die Mitarbeitenden eines Unternehmens sich – aus den verschiedensten Gründen – nicht genug eingebunden oder gefragt fühlen. Um die eigene Meinung, Leidenschaft und manchmal auch Frustration in einem anderen Bereich auszuleben, nutzen sie dann ein anderes, nicht selten eher unwichtiges Thema (was jedoch ggf. emotional besetzt ist), bei dem diese Gefühle dann ausgelebt werden.

Das Positive an so einer Situation ist, dass man sehen kann, dass die Menschen in dieser Organisation so leidenschaftlich diskutieren können. Für eine gesunde Organisationskultur wäre es dann wünschenswert, diese Energie für die eigenen Unternehmensziele und Veränderungsprojekte zu nutzten. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass dies leider nicht immer der Fall ist. Interne Kommunikation und die Treiber der jeweiligen Transformation verpassen durch eine fehlende breitere Involvierung der kontrovers Mitdiskutierenden die Chance, Emotionen und Energie innerhalb der Organisation positiv zu nutzen.

Aus diesem Grund ist es empfehlenswert, bereits zu Beginn von anstehenden Veränderungen verschiedenste Leute mit in die Diskussionsrunden zu nehmen, die für unterschiedliche Ansichten stehen. So kann anhand ihrer Reaktionen in einem frühen Stadium “getestet” werden, wie mögliche Reaktionen innerhalb des Unternehmens ausfallen könnten und wie und mit welchen Argumenten man diese Personen mitnehmen kann. Scheuen Sie sich bitte nicht vor Gegenwind! Je früher Sie die möglichen Gegenargumente kennen und ein Gefühl von der Reaktion im Unternehmen haben, desto eher können Sie darauf Einfluss nehmen!

Zudem ist es sinnvoll, auch die interne Kommunikation sehr stark auf das Thema bereits zu Beginn anzusetzen. Nichts ist ärgerlicher, als wenn mögliche Pläne schon über den Flurfunk weitergetragen werden, aber noch niemand offiziell informiert wurde und sei es lediglich über das firmeneigene Intranet oder ähnliche Kanäle.

„Was hat das nun mit dem Unternehmenserfolg zu tun?“, mögen sich manche Lesenden jetzt fragen. Ein starkes, belastbares Netzwerk innerhalb der Mitarbeiterschaft, in denen die Menschen sich gegenseitig unterstützen und durch den Austausch untereinander neue Lösungsideen generieren, ist im wahrsten Sinne des Wortes – für jedes Unternehmen – Gold wert.

Abbildung:

©strichfiguren.de