Streben Sie nach Perfektion? „Perfekt“, hört man manchmal in Gesprächen. Meist ein Ausdruck von etwas, was sehr gut funktioniert hat. Aber ist perfekt wirklich ein erstrebenswerter Zustand?

Es ist doch immer wieder zu erleben, wie ein Streben für eine perfekte Sache aus dem Ruder laufen kann. Warum? Weil bemerkbar ist, wie sehr es mehr einer Angelegenheit gleichkommt, die man allgemein mit dem „Kopf“ durch die Wand vergleichen könnte. Sprich: das Ganze wird auch verkrampfend, weil sich niemand von einem Ziel oder einer Wunschvorstellung lösen kann, welche im Grunde (so) nicht erreichbar ist. Kritisch kann es werden, wenn eine Person für sich in ihrem Kopf die perfekte Vorstellung für ein Ziel und/oder Prozess hat. Ganze Teams müssen sich diesem fügen und selbst gut gemeinte kritische Hinterfragungen sind nicht mehr erlaubt oder ziehen großes Missfallen,
Wut und/ oder den Zorn auf sich.

Haben Sie sich selbst schon einmal erlaubt (und auch in Ihrem Beruf), völlig unperfekt zu sein? Die gefühlt tausend Emails einfach ziehen zu lassen, gerade die mit den völlig langen CC.-Verteilern? Mal nicht die tausenste Power Point zu gestalten, mit vielen Bildchen und Statements, die gerade zu bestimmten Zeiten im Organisationsleben auch Hochkonjunktur haben? Oder sich sogar dem ganzen Wust von Terminen, Meetings und Ähnlichem zu entziehen und einfach mal die Füße hochzulegen und darüber zu sinnieren, was jetzt wirklich das Nächstwichtigste ist?

Bei Profi-SportlerInnen wird immer wieder deutlich, was das Perfekte auslösen kann. Wenn sich zu viel zugemutet wird und der Körper bereits Signale aussendet und nicht darauf gehört wird, sondern das Streben nach der Perfektion sogar dann zu Ausfällen führt, weil Körperteile nicht mehr mitmachen oder gar eine „Ausgebranntheit“ oder „Mentale Leere“ einen befällt.

Eine Meisterschaft oder ein Champion in einer Disziplin, einem Bereich oder gar in einem Business zu erreichen, hat nach unserer Erfahrung nichts mit Perfektion zu tun. Es fängt vielmehr mit einer inneren Haltung an, in der ein inneres Wissen entsteht, dass es ein menschlicher Wunschgedanke ist, dass das Leben perfekt ist. Unzufriedenheit und Unmut entstehen aus fehlerhaften Erwartungen an uns und an unsere Umwelt. Das Leben ist unperfekt. Immer ist alles in Bewegung, auch wenn es so scheint, als gäbe es Stabilität. Jedoch ist die Stabilität nur eine Momentbetrachtung, weil Energien und Kraftfelder den scheinbar stabilen Moment schaffen. Tatsächlich können kleinste Veränderungen wieder etwas neu in Bewegung setzen, unauffällig zunächst. Eine Meisterschaft ist daher im Grunde eine permanente und ausdauernde Bewegung rund um die vielen unperfekten, aktuellen Zustände oder besser Momentaufnahmen und der Gestaltung der Kraftfelder dazu.

Was treibt uns dazu an, eine Meisterschaft anzustreben? Der Wille? Die Motivation? Aus unserer Sicht sind das beispielsweise zwei Attribute, die noch vor dem Ur-Kern des Ganzen stehen. Dahinter steht eine bedingungslose Liebe für ein Thema, für ein Business, für eine Sportart oder andere Dinge. Sie hilft, die vielen Hürden zu nehmen, Geduld aufzubringen, beharrlich zu sein, konsequent diesem ausgeprägten inneren Ruf zu folgen. Sich auch nicht davon abbringen lassen – also 100% an sich zu glauben und dennoch auch Selbstzweifel zuzulassen, die uns kritisch hinterfragen lassen, ob das, was man da gerade tut oder nicht-tut, wirklich gut und richtig ist.

Möchten Sie eine Meisterschaft anstreben?

Foto:

©Jacob Lund